5 Jahre danach: Der Anschlag von Halle und seine Folgen für Betroffene und Gesellschaft
ACHTUNG: abweichender Veranstaltungsort: AZ Conni
An Jom Kippur 5780, den 9. Oktober 2019, versuchte ein mit mehreren Feuerwaffen und Sprengsätzen bewaffneter Attentäter in die Synagoge von Halle an der Saale einzudringen, um am höchsten jüdischen Feiertag einen Massenmord an den mehr als 50 anwesenden Jüdinnen:Juden zu begehen. Als dies durch das geistesgegenwärtige Handeln eines Sicherheitsmitarbeiters und viel Glück misslang, erschoss der Attentäter die Passantin Jana L., die ihn vor der Synagoge angesprochen hatte. Von der Synagoge fuhr er anschließend zum 500 Meter entfernten KiezDöner, dessen Mitarbeiter*innen und Kund*innen er mit Sprengsätzen und Schüssen attackierte. Dort erlag Kevin S. den Schüssen des Angreifers. Bis dieser schließlich nach mehr als eineinhalb Stunden von der Polizei gefasst werden konnte, hatte er außerdem versucht Aftax I. mit seinem Fluchtfahrzeug zu überfahren und Dagmar M. und Jens Z. beim Versuch einen neuen Fluchtwagen zu erpressen mit Schüssen schwer verletzt. Die Anklage, die gegen den Angreifer erhoben wurde, listet als Tatgeschehen u.a. zweifachen Mord, versuchten Mord in 68 Fällen, fahrlässige und gefährliche Körperverletzung sowie räuberische Erpressung und Volksverhetzung auf.
Obwohl der Attentäter nach 26 Verhandlungstagen in einem regelrechten Mammutprozess mit 94 befragten Zeug*innen und Gutachtern sowie 23 Anwält*innen von 45 Nebenkläger*innen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, konnte der Prozess längst nicht alle mit dem Anschlag aufgeworfenen Fragen von Betroffenen und (Zivil-)Gesellschaft klären. 5 Jahre nach dem Anschlag wollen wir das Geschehene daher in Erinnerung rufen und in einem Podiumsgespräch zumindest einige der ungeklärten Fragen wieder aufrufen: Wieso konnte ein Attentäter über 15 Minuten unbehelligt eine Synagoge und einen Imbiss attackieren? Wurde der Antisemitismus in Deutschland zu lange unterschätzt? Handelt es sich bei dem Attentat wirklich um die Tat eines isoliert ideologisierten Einzeltäters? Und haben die Strafverfolgungsbehörden alles in ihrer Macht Stehende getan, um den Vorfall aufzuklären und die richtigen Schlüsse aus ihm zu ziehen?
Wir wollen unseren Blick im Podiumsgespräch aber auch auf die Perspektiven lenken, die im medialen Spektakel um den Attentäter häufig übergangen wurden: Wie stellte sich der Anschlag aus der Sicht, der in der Synagoge Versammelten, dar? Welche Folgen hatte der Anschlag und das Verfahren auf die direkt Betroffenen und die jüdische Community in Deutschland – bis heute? Was half und hilft ihnen damit umzugehen? Und nicht zuletzt wie blicken sie auf das weitere Erstarken des Antisemitismus während der Corona-Pandemie und nach dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober? Gibt es im Kampf gegen Antisemitismus noch Hoffnung?
ACHTUNG: abweichender Veranstaltungsort: AZ Conni
Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „Auseinandersetzungen mit der Gegenwart des Antisemitismus“.
Mit finanzieller Unterstützung von MONOM – Stiftung für Veränderung
Unsere Podiumsgäste sind: Naomi Henkel-Guembel, Psychologin und Überlebende des Anschlags von Halle sowie Kati Lang, Nebenklageanwältin im Halle-Prozess.